Moshe Zuckermann, geboren 1949 in Tel Aviv, lebte zwischen 1960 und
1970 in Frankfurt am Main. Nach seiner Rückkehr nach Israel Studium
der Soziologie und Geschichte an der Universität Tel Aviv. Promotion
im Jahre 1987. Lehrt seit 1990 am Cohn Institute for the History and Philosophy
of Science and Ideas (Tel Aviv University). Veröffentlichungen: Das
Trauma des 'Königsmordes'. Französische Revolution und deutsche
Geschichtsschreibung im Vormärz. Frankfurt a.M. 1989; Shoah im gasdichten
Zimmer, Tel Aviv 1993 (hebr.); Musik im Kontext. Jerusalm. Tel Aviv 1994.
Der Artikel ist zuerst erschienen im: Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung
des Holocaust, herausgegeben vom Fritz Bauer Institut, Frankfurt am Main/New
York: Campus Verlag, 1996. |
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»Hitler hat den Menschen im Stande ihrer Unfreiheit einen neuen
kategorischen Imperativ aufgezwungen«, postuliert Adorno in seiner
Negativen Dialektik: »ihr Denken und Handeln so einzurichten, daß
Auschwitz sich nicht wiederhole, nichts ähnliches geschehe«.(1)
In einem 1966 gehaltenen Rundfunkvortrag behauptete er darüber hinaus
resolut, daß jede Debatte über Erziehungsideale »nichtig
und gleichgültig« sei dem einen zentralen Erziehungsziel gegenüber,
daß sich Auschwitz nicht wiederhole: »Auschwitz war die Barbarei,
gegen die alle Erziehung geht. Man spricht vom drohenden Rückfall
in die Barbarei. Aber er droht nicht, sondern Auschwitz war er; Barbarei
besteht fort, solange die Bedingungen, die jenen Rückfall zeitigten,
wesentlich fortdauern. Das ist das ganze Grauen.« Und weiter heißt
es dann: »Der gesellschaftliche Druck lastet weiter, trotz aller
Unsichtbarkeit der Not heute. Er treibt die Menschen zu dem Unsäglichen,
das in Auschwitz nach weltgeschichtlichem Maß kulminierte.« (2)
Ungeachtet seines berühmt gewordenen Diktums, wonach »alle
Kultur nach Auschwitz, samt der dringlichen Kritik daran, Müll« (3)
sei, ist es Adorno offenbar dennoch um eine des Unsäglichen eingedenkende
Kultur - »nach Auschwitz« - zu tun. Hierbei stechen nun folgende
gravierenden Momente hervor: Adornos Auffassung des Geschehenen zeichnet
sich durch eine universal ausgerichtete Einstellung aus. Er spricht von
einem fundamentalen »Stande der Unfreiheit« der Menschen, von
einem im wesentlichen repressiven und entfremdeten Zustand des Bestehenden
also. Dementsprechend begreift er auch die »Bedingungen«, die
das Ungeheuerliche zeitigen konnten, als historisch-sozial determiniert,
als einen weiterhin lastenden »gesellschaftlichen Druck« nämlich,
eine stets fortdauernde Not, deren äußere Erscheinungen in der
Ära »nach Auschwitz« gleichwohl [23] unsichtbarer geworden
seien. Es ist nun dieser Zustand, der den »Rückfall in die Barbarei«
sowohl zur historisch konkretisierten - also bereits vollbrachten - Manifestation
als auch zu der nunmehr nie wieder wegzudenkenden Möglichkeit ihrer
permanent drohenden Wiederkehr hat werden lassen. Auschwitz war schon der
Rückfall in die Barbarei; somit wurde es zum Paradigma eines dem ungebrochen
gutgläubigen Fortschrittsoptimismus der Aufklärung gegenläufigen
»Zivilisationsbruches«. (4)
Die Einzigartigkeit des Geschehenen ist also als ein Allgemeines zu denken,
als Kulminationspunkt einer »nach weltgeschichtlichem Maß«
angelegten Permanentbedrohung. Daß, wie Adorno sagt, »in den
Lagern nicht mehr das Individuum starb, sondern das Exemplar«, somit
also der nazistische Völkermord »die absolute Integration« (5)
darstellte, ist demnach als das Symptom einer welthistorischen Entwicklung,
darüber hinaus aber auch als die Universaldiagnose einer Zivilisation
mit dem steten Potential eines Rückfalls in die Barbarei zu verstehen.
Daher der Auftrag, der von Adorno sogenannte »neue kategorische Imperativ«,
daß das einzigartig durch Auschwitz als Maßstab Gesetzte sich
nicht wiederhole, nichts diesem Maßstab sich auch nur Näherndes,
»nichts ähnliches«, geschehe.
Die Frage ist nun, wie sich die erzieherische Vermittlung solchen historischen
Grauens bewerkstelligen lasse. Bezeichnend ist für diesen Zusammenhang
eine Bemerkung Max Horkheimers aus dem Jahre 1960. Anläßlich
des damals bevorstehenden Prozesses gegen Adolf Eichmann durch ein israelisches
Gericht meinte er bezüglich der von israelischer Seite vertretenen
Auffassung, das Verfahren solle »die Jugend im eigenen Land und die
Völker draußen über das Dritte Reich aufklären«:
wenn »solche Erkenntnis durch die gründliche Literatur, die
in wissenschaftlichen wie in allgemein zugänglichen Werken der Kultursprachen
vorliegt, nicht zu vermitteln ist, sondern erst in Form neuester Prozeßberichte
und internationaler Sensationen die Bedeutung gewinnen soll, die ihr im
Bewußtsein der heutigen und künftigen Generationen zukommt,
ist es schlecht um sie bestellt«. (6)
Die von Horkheimer angesprochene Möglichkeit berührt freilich
keineswegs nur die postulierte Angemessenheit eines spezifischen Verstehens
und Erinnerns des Dritten Reichs und der Shoah. Gerade Horkheimer und Adorno
waren sich ja über den allumfassenden und rapide verbreiteten Charakter
der kulturindustriellen Vermittlung und Manipulation von sozialem und historischem
Bewußtsein sehr wohl im klaren. Es geht hier aber auch um zwei weitere
gewichtige Faktoren: um den notwendig [24] partiellen Charakter des historiographischen
Aktes einerseits, andererseits aber auch um den (damit zusammenhängenden)
wesentlich ideologischen Charakter einer jeden Vergangenheitsrezeption.
Da die akkumulative Kristallisierung des Kollektivgedächtnisses (einschließlich
seiner historiographischen Manifestationen) als Erzeugnis, zugleich aber
auch als wirkender Bestandteil einer historisch gewachsenen gesellschaftlichen
Praxis zu verstehen ist, sortiert, wählt und verdrängt das Gedächtnis
»unliebsame« Teile - zuweilen gar höchst bedeutende Teile
- des Vergangenen aus dem vorherrschenden Bewußtsein des Kollektivs.
Es besteht daher immer eine bestimmte notwendige Diskrepanz zwischen der
eigentlichen Vergangenheit des Kollektivs und deren Gestaltungen im Kollektivgedächtnis.
Dieser Umstand hängt zwar immer mit den wirklichen Geschehnissen in
der Vergangenheit zusammen, mag aber auch die latente, wesentlich ideologische
- somit heteronome - Funktion des Selektionsaktes erfüllen und entfalten.
Daraus wiederum erklärt sich das Phänomen, daß die im Kollektivgedächtnis
vorzufindenden Komponenten nicht in ihrer vollen Komplexität, schon
gar nicht in ihrer (wie auch immer zu verstehenden) »Gänze«
bewahrt werden, sondern einen langen Prozeß zunehmender Vereinfachung
oder auch versimpelnder Abstraktion durchlaufen, bis sie sich schließlich
in komfortabel zugängliche Motive der Bewußtseinsmatrix bzw.
in Codes verwandelt haben. (7)
So besehen wird erinnerte Vergangenheit immer vom gegenwärtigen
Bewußtsein notwendig instrumentalisiert. Aktuelle, dem Gedenken beigemengte,
diesem gar zugrunde liegende Bedürfnisse vereinnahmen stets vergangenes
Geschehen, ideologisieren es also insofern, als sie sich vom Wesen dessen,
was geschah, nicht nur zunehmend entfernen, sondern zumeist auch entfremden.
Hierbei ist nun von besonderer Bedeutung, daß akkumuliertes Wissen
um das Geschehene keinesfalls dessen ideologische Mißdeutung (zuweilen
gar bewußt praktizierte Verzerrung) vollständig zu verhindern
vermag. Dies hängt mit der bereits erwähnten - notwendigen! -
Normativität des Partiellen, vor allem aber auch mit der heteronomen
Bewertung und Gewichtung des Gewußten zusammen. Anders gesagt: Wissen
vermittelt sich nicht nur durch den Inhalt- es hat auch ein Image. Daß
also aufklärendes Wissen keineswegs Aufklärung garantiert, hängt
nicht nur mit der berühmten Verzahnung von Aufklärung und Mythos
zusammen, sondern auch mit der mittlerweile zur Bedingung erhobenen Vermarktung
des äußeren Bildes, das man sich vom Wissen macht, man möchte
fast sagen: mit den Public Relations des kulturindustriell angebotenen
»Wissenspakets«, zusammen. Die Verballhornung ist demnach im
[25] Vermittlungsmodus und den Rezeptionsweisen gleichsam strukturell angelegt.
Daß dabei realen Bedürfnissen - und zwar gesellschaftlich bedingten,
gleichwohl subjektiv als »authentisch« empfundenen und für
solche ausgegebenen Bedürfnissen - Genüge getan wird, macht ja
gerade das potentiell Ideologische des Zugangs zum Vergangenen aus: Reiches
Wissen wird durch die sowohl immanent unumgängliche als auch bewußt
angetriebene verkürzte Vermittlung zur Ideologie.
Dies sollte man sich bei den folgenden Bemerkungen zum israelischen
Diskurs über den Holocaust vor Augen halten. Es geht hier nicht um
einen Abriß des (wissenschaftlich zweifelsohne hohen) Stands der
israelischen Shoah-Historiographie, sondern vielmehr um prägnante
Momente ideologischer Auswirkung des Shoah-Codes auf die politische Kultur
des Landes und um öffentliche Manifestationen seiner heteronomen Instrumentalisierung.
Der hohe Wissensstand der Geschichtsschreibung und das unreflektierte Klischeebild
von der (jüdischen) Geschichte, das der Perzeption des aktuellen Zustands
der israelischen Wirklichkeit gewissermaßen einverleibt wird, klaffen
dabei zumeist stark auseinander - nicht zuletzt auf Kosten des wirklichen
Andenkens derer, die man staatsoffiziell immerfort zu erinnern vorgibt.
[26]
* * *
Ich habe an anderer Stelle versucht, die historisch-strukturellen Ursachen
für die Verfremdung des Shoah-Andenkens in der israelischen Gesellschaft
darzulegen. (8) Um sie nochmals
gerafft anzudeuten, möchte ich bei einer vom israelischen Publizisten
Tom Segev in der israelischen Tageszeitung Ha'aretz vor einigen Jahren
veröffentlichten Reportage ansetzen. Segev berichtete über seine
Eindrücke von einer (staatlich organisierten) Fahrt jüdisch-israelischer
Schüler »der dritten Generation« zu den Vernichtungslagern
in Polen. Er verglich das Unternehmen einer »der Diaspora zugewandten
Pilgerfahrt« als Teil »eines gänzlich von Gefühlen
und Symbolen durchdrungenen Kults und einer zuweilen bizarren Verherrlichung
von Erinnerung, Tod und Kitsch«. (9)
Unter anderem versorgte das damalige Erziehungsministerium die Jugendlichen
bei ihrer schweren Reise mit einem Artikel des israelischen Historikers
Shabtai Tevet, dessen innere Logik sich mit dem Satz zusammenfassen läßt,
das polnische Volk sei »als Sieger« hervorgegangen, es habe
»sowohl jüdischen Besitz erbeutet als auch Leid und Shoah [des
jüdischen Volkes] beerbt«. (10)
Segev berichtete, die Schüler hätten den Artikel mit großer
Zustimmung gelesen, denn viele unter ihnen, so sein Eindruck, »identifizieren
den Holocaust mit dem heutigen Polen«; überall hätten sie
nach Hakenkreuzen auf den Wänden gesucht, zum Teil »mit einem
inneren Bedürfnis, sie auch zu finden«. Extrem äußerte
sich dies bei einem Jungen, der entschieden erklärte: »Jemand
muß doch am Holocaust schuld sein; wir müssen jemanden hassen,
und mit den Deutschen haben wir uns doch schon versöhnt.«
Das ist ein zweifellos verblüffendes Bekenntnis. Es birgt eines
der hervorstechenden Paradoxe der die israelische politische Kultur kennzeichnenden
Shoah-Verinnerlichung. Zum einen drückt sich in den Worten des Schülers
das selbstverständliche Bedürfnis aus, den Holocaust in Kategorien
der Schuldzuweisung zu begreifen: Da das Ausmaß des Unsäglichen
es unmöglich macht, die Opfer der Katastrophe als Einzelmenschen zu
perzipieren, werden die Toten zur »Sechs Million«-Parole kodifiziert,
womit sich dann die Aufmerksamkeit auf das vermeintlich leichter zu »Erfassende«
richten kann - auf die Urheber des Grauens. Das sollte freilich nicht allzusehr
verwundern: hat doch die israelische politische Kultur es nie wesenhaft
vermocht, sich mit der Situation des Shoah-Opfers als Situation totaler
Ohnmacht zu konfrontieren, geschweige denn, sich mit ihm auf dieser Grundlage
zu identifizieren. Im besten Fall hat sie noch diese Erfahrung verdrängend
ignoriert; im weitaus weniger schmeichelhaften Fall hat sie sie von der
Höhe einer im Postulat der »Diaspora-Negation« wurzelnden
ignoranten Arroganz der vorherrschenden Ideologie verachtet. [27]
Zum anderen drückt sich in der Aussage des Schülers - durchaus
im Sinne der sich vom »Schuld«-Paradigma bietenden Konsequenz
- die Notwendigkeit des Hasses aus: Da das jüdisch-israelische Kollektivgedächtnis
keine wirkliche Trauerarbeit geleistet hat, vermochte es das Kollektiv
auch nie, der Shoah als der Katastrophe der Opfer (der Ermordeten wie der
Überlebenden) zu gedenken, geschweige denn sie zum universellen Symbol
einer »Trümmer auf Trümmer« häufenden katastrophischen
Weltgeschichte (Walter Benjamin) zu erheben, als ein überjüdisches
Paradigma nämlich, welches das Andenken der ermordeten Juden im Stande
ihres Opferseins dadurch bewahrt, daß es sie als ein zivilisatorisches,
sich jeglicher Unterdrückung des Menschen als solchen widersetzendes
Signalprinzip begreift. Bleibt indes die Erinnerungsstruktur primär
in der »Schuldzuweisung« verankert, erweist sich in der Tat
der »Haß« als adäquatester Ausdruck solcher Struktur,
wobei sich freilich das konstruierte Selbstbild jüdischer Israelis
als »ewige Opfer« dann weniger einem Eingedenken der wirklichen
historischen Opfer verpflichtet weiß (und sie dadurch gleichsam »rettet«),
als vielmehr das Eingedenken zweckhaft vereinnahmt und ideologisch instrumentalisiert
wird.
Nur scheint dann plötzlich die geschichtliche Realität auf,
um die Erinnerungsideologie sozusagen »vernünftig« zu
überlisten: Zwar ist die Bereitschaft zum Haß vorhanden, das
Haßobjekt aber hat sich verwirrenderweise ins Unbestimmte verflüchtigt,
hat sich gleichsam seiner Eindeutigkeit entledigt! Es handelt sich hierbei
um die Auswirkung eines entscheidenden Grundmusters der Shoah-Verinnerlichung
der israelischen politischen Kultur: das zunehmende Auseinandertreiben
der öffentlichen und der privaten Sphäre im Hinblick auf Erinnerungsinhalte
und deren Aktivierungsmechanismen. Während sich in der privaten Sphäre
über Jahre eine Vielzahl emotionaler Reaktionen und Verhaltensmuster
Deutschland und den Deutschen gegenüber entwickelt hat, ist in der
öffentlichen Sphäre (mit Ausnahme einiger weniger publiker Manifestationen
privater Erregung) seit spätestens den 60er Jahren jeglicher Ausdruck
etablierten Ressentiments Deutschland gegenüber fast vollkommen eliminiert
worden; in gewisser Hinsicht hat sich das (inoffizielle) Verbot, Wagners
Werke öffentlich aufzuführen, als quasi letzte und einzige Bastion
einer fortwährenden, öffentlich etablierten »antideutschen«
Manifestation erhalten. Der Grund hierfür liegt klar auf der Hand:
Was vom Schüler als Versöhnung ausgegeben wird, ist nichts anderes
als die formale Normalisierung dessen, was sich nicht aufgezwungenerweise
normalisieren läßt, schon gar [28] nicht anhand formeller Entscheidung,
etwa den recht früh etablierten Beziehungen zwischen Israel und Deutschland,
die von Anbeginn auf der Instrumentalisierung des Holocaust (von israelischer
Seite) und der Materialisierung der Sühne (von deutscher Seite) basierten.
So findet sich denn der Schüler, ausgesprochenes Opfer des Kollektivgedächtnisses,
den Qualen der Ambivalenz ausgesetzt: er ist gefordert, sich mit der Shoah
in einem prekären Zeitalter (nach der formellen »Versöhnung«
Israels mit den Deutschen, den Urhebern der Shoah) auseinanderzusetzen.
Da ihm aber das Kollektivgedächtnis, wie gesagt, wirkliche Trauerarbeit
nicht vermittelt hat, er also die Shoah in anderen Begriffen als denen
der »Schuldzuweisung« nicht recht zu erinnern vermag, bedarf
er hierzu des »Hasses«. Er muß also neue »Schuldige«
produzieren, erklärte Alternativen zu den ursprünglichen Objekten
des Hasses, die ihm allmählich, in einem fortwährenden, von Wiedergutmachung
und anderen materiellen Formen der Sühne gepflasterten Prozeß
der »Normalisierung« abhanden gekommen sind. So befriedigt
er denn das pulsierende »innere Bedürfnis«, indem er einen
manichäischen Akt der »Schuld«verlagerung vollzieht und
den Haß auf »jemand« anderen richtet: auf die Polen zum
Beispiel. Shabtai Tevets Artikel scheint wie geschaffen dafür zu sein.
Dieser Verlagerungsmechanismus wirkt, wie es scheint, auch in andere
Richtungen. In seiner Reportage berichtete Tom Segev über Holocaust-Überlebende,
die jene Reise zu den Vernichtungslagern begleiteten und in ihren Auftritten
als »Zeugen« vor den Schülern die Aura ihres »Von
dort«-Seins dazu benutzten, Angst und Haß auf Israels jetzige
Feinde zu projizieren, nämlich zur Verankerung einer pauschal ideologisierten
Angst vor den Arabern und zur Festigung der ihnen gegenüber empfundenen
Feindseligkeit. Nicht von ungefähr beendete Segev seinen Bericht mit
der Behauptung, die Schüler hätten im wesentlichen gelernt, »das
Land zu lieben und zu verteidigen. Sie haben nicht gelernt, daß das
Recht auf Selbstbestimmung universal sei und für alle Völker
gelte. Im Gegenteil, in der vom Erziehungsministerium verteilten Broschüre
hieß es, die polnische Regierung unterstütze arabische Terrororganisationen
und befürworte das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser,
als handele es sich dabei um dasselbe«. »Immer wieder«,
fügte er sodann hinzu, »paukte man den Schülern ein, der
Holocaust lehre, daß man in Israel zu bleiben habe. Man lehrte sie
nicht, daß er sie dazu verpflichte, die Demokratie zu festigen, den
Rassismus zu bekämpfen, Minoritäten und Menschenrechte zu schützen,
sowie ungesetzliche Befehle zu verweigern.« [29]
Die israelische politische Kultur (und nicht nur die politische) ist
reich an solchen Mustern des Austauschs von Elementen der Shoah-Ideologie
mit anderen, der Shoah ihrem Wesen nach heteronomen Momenten: so wie sich
das Andenken der Ermordeten in aktuelle Forderungen Israels an Deutschland
im diplomatischen, ökonomischen oder militärischen Bereich »übersetzen«
läßt; so wie sich die Deutschen als solche pauschal als »Nazis«
abstempeln lassen, wenn es opportun erscheint; und so wie die Deutschen
als historische Urheber des Holocaust sich nützlicherweise mit Polen
bzw. Arabern (oder sonst wem) vertauschen lassen - so läßt sich
auch das historische Shoah-Erlebnis auf allerhand echte wie imaginierte
Momente des Notstands projizieren. (11)
Es mutet mehr als ironisch an, daß gerade in Israel, wo die Einzigartigkeit
des Holocaust als eine Art ideologische Parole in aller Munde geführt
wird, die wildesten »Shoah«-Projektionen auf jedweden okkasionellen
Zweck so häufig vorzufinden sind.
Nun muß man gerechterweise hervorheben, daß diese Sicht
der in Israel vorherrschenden Auseinandersetzung mit dem Holocaust nicht
von allen geteilt wird, und ich meine dabei nicht diejenigen, die politisch-ideologisch
prädestiniert sind, eine entgegengesetzte Anschauung zu vertreten.
So hat beispielsweise die Historikerin und Pädagogin Nili Keren unlängst
betont, daß sich die Erfahrungen der organisierten Polen-Fahrten
der ersten Jahre grundlegend gewandelt hätten, lieferte aber auch
darüber hinaus eine Erklärung für die Komplexität der
Konfrontation des Schreckens: Ȇber Jahre versuchten wir, als
Gesellschaft und als Individuen, [die Shoah] zu ignorieren und zu verdrängen,
über sie zu schweigen oder sie zu verschweigen. Aber das Wesen des
Geschehenen, seine starke Verbindung zu uns und unsere menschliche Natur
ermöglichen langfristig keine solche Flucht. Zu einem bestimmten Zeitpunkt
wurde das Schweigen gebrochen, und es kam zur Explosion«. Jede einzelne
Phase im Prozeß des Erwachsenwerdens der israelischen Gesellschaft
habe verschiedene Verhaltensweisen gegenüber der Shoah und ihrer Instrumenta-lisierung
entfaltet: »Die Shoah ist immerfort hier anwesend; sie betrachtet
uns von außen und verstört uns von innen, auch wenn wir uns
dessen erst nach einiger Zeit bewußt werden. Selbst wenn wir uns
von ihr loslösen wollten - wir können es gar nicht«. Vor
allem aber bestand Keren darauf, daß »jeder seinen eigenen
Weg habe, sich mit der Shoah auseinanderzusetzen«, und daß
es am allerschwersten sei, »aufzuschreien, zu zürnen, gleichzeitig
aber ein offener Mensch zu bleiben, der seinen Glauben an die menschliche
Gattung und die Sensibilität fürs menschliche Leiden nicht verloren
hat«. (12) [30]
Das mag wohl sehr wahr sein, geht allerdings am hier erörterten
Problem vorbei. Es handelt sich ja nicht darum, die psychische Schwierigkeit
bei der Auseinandersetzung mit dem Unsäglichen in Abrede zu stellen;
auch nicht um die Schaffung eines für jeden und alle geltenden - gleichsam
»adäquaten« - Musters der Konfrontation; schon gar nicht
um die (wie auch immer verstandene) Administration des »Aufschreis«
und des »Zorns«. Gleichwohl sollte in Betracht gezogen werden,
daß auch eine sich verständnisvoll gebende, quasi tolerante
Pauschalabsegnung sämtlicher möglicher Befindlichkeiten und Reaktionsweisen
der Kritik an der immerhin doch recht virulenten heteronomen Instrumentalisierung
des Holocaust - um nicht zu sagen: seines handfesten Mißbrauchs zur
Verfolgung und Befriedigung allerlei partikularer Ziele und Zwecke - nicht
unbedingt zuträglich ist. Es geht ja eben nicht um die Authentizität
der Emotion oder um die Ehrlichkeit der psychischen Aufgewühltheit
(wer wollte diese auch beurteilen können?); es geht letztlich auch
nicht um die persönliche Erlebniswelt eines bestimmten Individuums.
Worum es hier geht, ist die öffentliche [31] Verdinglichung der subjektiven
Auseinandersetzung, die publike Fetischisierung der Emotion als solcher,
die kulturindustrielle Vermarktung von Leid und Mitleid, vor allem aber
die staatlich initiierte und gesamtgesellschaftlich praktizierte Ideologisierung
des Andenkens - deren »Opfer« halt doch auch der einzelne Schüler
werden mag -, und zwar ganz im Sinne der von der zionistischen Ideologie
monopolistisch vereinnahmten Narration der Shoah und ihres kollektiven
Andenkens. Ob die an den Polen-Fahrten teilnehmenden Jugendlichen zur Zeit
so denken und fühlen wie der von Tom Segev beschriebene Schüler,
ist in diesem Zusammenhang weniger von Bedeutung als die Frage, ob sie
nicht jederzeit wieder in diesem Sinne indoktriniert werden könnten,
solange es im ideologischen Interesse staatlicher Institutionen liegt,
z. B. im Interesse des jüngst wieder in die Obhut der Nationalreligiösen
Partei übergegangenen Erziehungsministeriums. Es handelt sich, so
besehen, um nicht weniger als das Problem der Zionisierung der Shoah.
* * *
Vieles ist schon darüber geschrieben worden, vor allem über
die Auffassung der Shoah als entscheidendem Glied in der Darstellung der
»jüdischen« Geschichte als einem linearen teleologischen
Prozeß, der vom altisraelischen Königreich in die Diaspora,
und von dieser in die Souveränität, vom Untergang also zur Auferstehung
(seit 1967 gar zur beginnenden »Erlösung«) führe.
Die vom israelischen Staatspräsidenten Ezer Weizman im Januar 1996
vor dem deutschen Bundestag gehaltene Rede - die, wie es hieß, mit
»hohem Beifall« aufgenommen wurde (13)
- spiegelte das Telos der zionistischen Narration komprimiert wider: »Das
Schicksal zeugte mich und meine Brüder in den großen Tagen,
in denen die Juden in ihr Land zurückkehrten, um es erneut aufzubauen;
ich bin nicht mehr der in allen Wegen der Welt wandernde, vom einen Exil
ins andere vertriebene Jude. Aber jedem Juden in jeder Generation ist es
auferlegt, sich so zu sehen, als sei er dort gewesen.« Was es mit
dem »dort« auf sich habe, erläuterte er sodann wie folgt:
»In Ägypten war ich Sklave, und die Bibel empfing ich am Berg
Sinai (...); ich bekämpfte die Römer, wurde aus Spanien vertrieben
und in Mainz auf dem Scheiterhaufen verbrannt; ich lernte die Thora in
Jemen, verlor meine Familie in Kischinew, verbrannte in Treblinka, probte
den Aufstand in Warschau und immigrierte in Israel - mein Land, aus dem
ich ins Exil ging und in dem ich geboren wurde, aus dem ich komme und in
das ich zurückkehre.« Daß der Präsident zudem die
Schwierigkeit seines Besuchs in Deutschland thematisierte - »Es ist
kein leichter Besuch; erst fünfzig Jahre sind seit dem Ende jenes
schrecklichen Krieges vergangen. Es fällt mir nicht leicht, in diesem
Land zu wandeln und die von der Erde [32] schreienden Erinnerungen zu hören.
Es fällt mir nicht leicht, vor euch hier zu stehen und zu euch zu
sprechen, meine Freunde« -, mag sich als ein paradigmatisches »persönliches«
Bekenntnis, eine Art komplementäre Ergänzung der staatlich-personellen
Appropriation des kollektiven »Ichs« für die Darstellung
des jüdischen Leidensweges ausnehmen. Vor allem scheint sich jedoch
darin die Dialektik der zionistischen Instrumentalisierung des Holocaust
und das Paradox besagter »Schwierigkeit« niederzuschlagen:
Als er über die Opfer des Shoah sprach, erklärte Weizman, daß
er als Präsident des Staates Israel »sie betrauern und erinnern«,
nicht aber »in ihrem Namen vergeben« könne. Was er bei
gegebener Gelegenheit nicht erläuterte, ist, mit welchem Recht er
meine, in ihrem Namen überhaupt sprechen zu dürfen; auch nicht,
wie er, der staatliche Repräsentant, sie - die Opfer - zu erinnern
wünsche. Er vermochte wohl, seine deutschen Zuhörer aufzufordern,
sie möchten, im Wissen um die Vergangenheit, auch der Zukunft gedenken,
deshalb also »jede Erscheinung von Neonazismus zertreten«,
sie »tapfer erkennen«, um sie von Grund auf zu entwurzeln,
damit sie »keine Äste und Kronen« gedeihen lasse. Er erläuterte
indes nicht, wozu das Andenken der Opfer die israelische Bevölkerung,
deren Präsident er ist, verpflichte, außer zu dem einen: gerade
wegen der »unendlichen Sehnsucht« nach Frieden und »weil
wir die vorhergehenden Blätter unserer Geschichte, besonders die in
diesem Land so schrecklich beschriebenen Blätter, gut in Erinnerung
haben, sind wir angehalten, vorsichtig und pragmatisch zu sein«.
Als er sich während eines Treffens mit deutschen und jüdischen
Studenten auf das Leben von Juden außerhalb Israels, besonders aber
in Deutschland, bezog, sagte Weizman, er könne sich »über
im Ausland lebende Juden nicht freuen«, und stellte entschieden fest,
daß »das einzige Land, in dem ein Jude als Jude leben kann,
das Land Israel [ist]. Die Errungenschaft des jüdischen Volkes liegt
nicht in der Rückkehr von Juden nach Deutschland. Für mich repräsentieren
die Juden in Deutschland nicht das jüdische Volk, sondern lediglich
die in Deutschland lebenden Juden.« (14)
Ein populärer israelischer Publizist bekräftigte die Worte
des Präsidenten, indem er seinerseits resolut betonte, daß »die
zionistische These, wonach die Rettung des jüdischen Volkes nur in
einem gut verteidigten, international anerkannten, souveränen Land
möglich sei, (...) keines neuen Beweises mehr« bedarf. »Sie
bewahrt ihre Gültigkeit, obwohl sie sich für sechs Millionen
Holocaust-Opfer zu spät vollzogen hat«. Darüber hinaus
klärte er auch den israelischen Leser darüber auf, daß
»Treitschkes ›Die Juden sind unser Unglück‹, ›Volk‹, ›Geheimnis
der Rasse‹ und ›Lebensborn‹ [33] deutsche Begriffe [sind], die möglicherweise
eingeschlafen sind, aber es gibt keine Garantie dafür, daß sie
vollends abgeschafft wurden«. So folgerte er denn, daß »wenn
ein Teil davon jemals in der Zukunft wieder erwachen sollte, wird jemand
in den Archiven stöbern und Weizmans rügende Worte finden, und
wieder wird man den Juden Deutschlands (wenn solche übrigbleiben sollten)
sagten: ›wir haben euch ja gewarnt‹«. (15)
Natürlich gab es auch andere, wenn auch nur spärlich vernehmbare
Stimmen. So meinte ein anderer Publizist, Weizmans Worten ließe sich
entnehmen, daß »der Staat der Juden aus wohlbekannten Gründen
alles Gute, das Deutschland zu vergeben hat, genießen [dürfe]«,
aber aus genau denselben Gründen Weizman dazu berechtige, »die
Juden, die jenes Gute nun gerade als deutsche Bürger genießen
wollen, zu peinigen. Das ›andere Deutschland‹ gibt es nur für Israelis,
nicht für Juden, die in diesem Deutschland leben wollen. Es ist anders
genug, um einen treuen Verbündeten des Staates Israel abzugeben«,
nicht aber, so will es scheinen, »damit sich in ihm das Leben der
Juden erneuere«. Er bezog sich sodann auf den Satz des Präsidenten,
demzufolge »die Juden in Deutschland nicht das jüdische Volk,
sondern lediglich die in Deutschland lebenden Juden« repräsentierten:
»Es scheint, als habe sich der Präsident keine Gedanken darüber
gemacht, daß auch er mit seinen Worten bestenfalls die jüdischen
Bürger des Staates Israel repräsentiere, daß er darüber
hinaus als Präsident des Staates Israel nicht unbedingt zum Präsidenten
aller Juden der Welt werde.« (16)
[34]
Es erhebt sich die Frage, was der Präsident mit seiner Behauptung,
Israel sei »das einzige Land, in dem ein Jude als Jude leben kann«,
genau meinte. Abgesehen davon, daß die meisten Juden in der Welt
offenbar anderer Meinung sind und sich entschieden haben, nicht in Israel
zu leben; abgesehen auch davon, daß, trotz der ideologischen Postulierung
einer »unendlichen Sehnsucht« nach Frieden, das individuelle
Leben des Juden als solchen nirgends auf der Welt so bedroht ist wie gerade
in Israel - möchte man sich darüber wundern, was es mit jener
»jüdischen« Identität, die sich dem »Juden«
angeblich einzig in Israel biete, auf sich habe. In Anbetracht der Zusammensetzung
der jüdischen Bevölkerung in Israel kann es sich wohl kaum um
eine religiöse Selbstbestimmung handeln, zumal eine solche gewiß
keiner territorialen Fixierung bedarf, wie sich der jahrtausendealten Diaspora-Geschichte
der Juden entnehmen läßt. Es handelt sich wohl auch kaum um
eine wie immer verstandene homogene säkulare Kultur, nicht nur, weil
sie das religiöse Judentum wohl oder übel ausschlösse, sondern
weil eine solche Kultur in der israelischen Gesellschaft schlicht nicht
besteht; der zionistisch auferstandene »neue Jude«, wenn es
ihn denn jemals gab, begriff sich in erster Linie als Negation des »Diaspora-Juden«,
welcher seinerseits - absurder- und stereotyperweise - als eine festumrissene,
monolithische Gestalt aufgefaßt wurde. Die Rhetorik des Präsidenten
(und seiner publizistisch räsonierenden Apologeten) läßt
in der Tat erkennen, daß es hierbei um die auf der Diaspora-Negation
basierenden Lösung des »jüdischen Problems« geht,
eine Ausrichtung, die ihrerseits wesentlich auf der herkömmlichen
Doktrin einer ewigen Bedrohung durch »Amalek«, den permanent
wiederkehrenden biblischen Erzfeind des Volkes Israel, fußt. Darauf
zielt auch das Gerede von der zionistischen These über die »Rettung
des jüdischen Volkes«, das sich stets mit apokalyptischen Visionen,
wie jenen von »den Juden Deutschlands (wenn solche übrigbleiben
sollten)«, und der Haltung einer (von latenter zionistischer Schadenfreude
durchdrungenen) Selbstgerechtigkeit - »wir haben euch ja gewarnt«
- paart. Dabei fungiert die Instrumentalisierung des Grauens in zweierlei
Richtung: die Darstellung des Holocaust als teleologisch begriffene Ausrichtung
auf den Staat Israel und die Perpetuierung der anachronistischen Hypothese
vom Staat Israel als einer Art im nachhinein erfolgenden »Aufhebung«
des Holocaust. Nicht von ungefähr erklärte Präsident Weizman
im Rahmen der 1996 begangenen Staatskundgebung anläßlich des
»Tages zum Andenken des Holocaust und des Heldenmuts« - und
zwar zum Zeitpunkt, als das israelische Militär gerade dabei war,
das Problem von rund 400 000 arabischen Flüchtlingen im Libanon zu
[35] bewerkstelligen - , daß »wer denkt, jüdisches Blut
sei Freiwild, vergißt, daß was war, nie wieder sein wird«,
und daß »von allen Völkern das jüdische Volk die
leichteste Beute war, weil es keinen Staat, keine Armee und nicht mal ein
kleines Flugzeug, das, und sei's auch eine einzige, zum Vernichtungslager
führende Eisenbahnschiene hätte bombardieren können«,
gehabt habe. Weiterhin meinte er: »Der Holocaust hat uns eine Lehre
erteilt, die nicht vergessen werden soll - die Tatsache, daß das
jüdische Volk schutzlos und den Mördern ausgeliefert war, sie
ist es, die die größte aller Tragödien ermöglicht
hat. (...) Und so krachten die Kanonen im Lande Israel, drei Jahre nachdem
sie in Europa verstummt waren, womit denn das Vermächtnis der Shoah-Opfer
voll und ganz erfüllt wurde.« Mit anderer Akzentuierung meinte
im Rahmen derselben Kundgebung der damalige israelische Premierminister,
Shimon Peres, daß der Staat Israel »trotz des Holocaust errichtet
worden [sei], und das war die entschiedene Antwort des jüdischen Volkes
auf die mörderischen Vorhaben des nazistischen Feindes. Für sechs
Millionen, die gemäß der zionistischen Vision im Lande Israel
hätten leben sollen, war es zu spät.« (17)
Dieser letzte Spruch - die Behauptung, »die zionistische These
[bewahre] ihre Gültigkeit, obwohl sie sich für sechs Millionen
Holocaust-Opfer zu spät vollzogen hat« - bedarf einer kurzen
Erörterung. Man mag sich über die verspäteten Heldentumsphantasien
des Präsidenten von »einem kleinen Flugzeug, das, und sei's
auch eine einzige, zum Vernichtungslager führende Eisenbahnschiene
hätte bombardieren können« wundern (und sich dabei durch
den Kopf gehen lassen, ob ihm etwa die zur selben Stunde am libanesischen
Himmel schwirrenden Kampfflugzeuge der israelischen Luftwaffe als eine
Kompensation für jenes »Versäumnis« erschienen sein
mögen). Man kann auch über den Vergleich zwischen den Kanonen,
die »in Europa verstummt waren«, und den im Lande Israel drei
Jahre später »krachenden« Kanonen mehr als erstaunt sein.
Beide Bilder bezeugen freilich aufs deutlichste die Unfähigkeit des
Präsidenten des jüdischen Staates, das wahre Wesen des historischen
Grauens unabhängig von den ihm im nachhinein beigemessenen heteronomen
Zwecken zu begreifen: die Situation totaler Ohnmacht des Opfers im Angesicht
seines Mörders, d. h. also die unheldenhafte, sich jeglichem Trost
entziehende und jeder vermittelnden Trivialrepräsentation verweigernde
Perspektive des verfolgten, gemarterten, radikal erniedrigten Menschen,
eben die Perspektive des zum Exemplar degradierten Objekts eines industriell
betriebenen Mordsystems. Das Fehlen des Präsidenten in dieser Sache
ist paradigmatisch für das gesamte [36] zionistische Holocaust-Andenken.
Man kann es auch irgendwie verstehen; es läßt sich eben nicht
leicht mit totaler Ohnmacht identifizieren. Was jedoch den Worten der Staatspersonen
die Dimension eigentlicher Impertinenz zu verleihen scheint, ist die Rekrutierung
der Toten für eine Narration, bei deren Gestaltung ihre, der Toten,
Rolle jegliches Bewußtsein des Selbst entbehrt, somit also die Situation
der Toten als des allerletzten Rests an Individualität - und sei's
nur als Opfer - beraubten Exemplare nolens volens reproduziert. Es ist
ganz und gar nicht zu ersehen, wie die Errichtung des Staates Israel als
»entschiedene Antwort des jüdischen Volkes auf die mörderischen
Vorhaben des nazistischen Feindes« zu begreifen sei, bedenkt man,
daß besagte »Antwort« für die eigentlichen Opfer
jenes Feindes nicht relevant war (oder auch nur sein konnte). Zumindest
was die Toten anbelangt, war ja der Feind in seinen Vorhaben nur allzu
erfolgreich. Von daher ist auch die Behauptung nicht verständlich,
mit der Staatsgründung sei »das Vermächtnis der Shoah-Opfer
voll und ganz erfüllt« worden. Wie läßt sich feststellen,
daß es ein solches »Vermächtnis« gegeben habe, und
insofern es eins gab, was es besagt? Auch dieser Punkt erfordert eine kurze
Erörterung.
Die unbestrittene Grundannahme ist, daß der Staat Israel Staat
der Juden und die Shoah der Holocaust des jüdischen Volkes seien,
und demgemäß die Beziehung zwischen dem zionistischen Staat
und der Shoah, wenn nicht kausal, so doch wesenhaft zu begreifen sei -
eben wesenhaft jüdisch. Das zentrale Problem, das sich hierbei erhebt,
betrifft die Definition besagten Wesens, und zwar nicht nur, weil man sich
in peinliche Widersprüche verfängt, wenn man die, eine riesige
nicht-jüdische Minorität umfassende, israelische Gesellschaft
als die des jüdischen Nationalstaates charakterisieren möchte;
auch nicht nur, weil die Beziehung des staatlichen Zionismus zur Shoah
(allgemeiner noch: sein Verhältnis zum »Diasporalen« und
dessen den Holocaust vereinnahmende Teleologisierung), wie erläutert,
von Anbeginn höchst problematisch war, (18)
sondern vor allem, weil die Insistenz auf die als jüdisch verstandene
Einzigartigkeit des Holocaust sich - paradoxerweise und natürlich
ohne sich dessen bewußt zu sein - auf eine die Nazis leitende Logik
stützt: die Juden werden zur abstrakten (ethnischen/religiösen/rassischen)
Kategorie degradiert, als identitätslose Objekte einer umfassend verallgemeinernden
Definition subsumiert. Es muß aber davon ausgegangen werden, daß
die Juden der doch sehr heterogenen europäischen Diaspora sich selbst
ganz und gar nicht so sahen: es gab unter ihnen gewichtige klassenmäßige,
kulturelle und ethnische Diskrepanzen; [37] sie unterschieden sich in den
politischen Anschauungen, in ihrem Verhältnis zur Religion, zum Kult
und dessen Institutionen; Teile von ihnen entsagten dem Judentum vollkommen,
andere entfernten sich von der Tradition, die allermeisten waren keine
Zionisten. Neben einer abstrakten, archaisierenden Solidarität zeichneten
sich die Beziehungen zwischen verschiedenen jüdischen Gruppen auch
durch ein nicht zu übersehendes Maß an gegenseitigen Vorurteilen,
Verachtung und Feindseligkeit aus. Nicht wenige dieser tiefen, teils höchst
ressentimentgeladenen Gegensätzlichkeiten hielten sich sogar noch
in den Ghettos und den Lagern. Die Juden waren also bezüglich ihrer
subjektiven Identität keineswegs eine monolithisch zu begreifende
Kategorie, keine einheitliche, schon gar nicht vereinte Menschengruppe
- mit Ausnahme einer einzigen, dem Grauen freilich wesentlichen Sache,
denn in ihr - und nur in ihr! - kam die Deckung von Kollektivem und Privatem
in unsäglicher Vollkommenheit zum Tragen: Die Juden der Shoah-Zeit
waren allesamt potentielle Objekte von Verfolgung, Unterdrückung und
Mord; dem Wesen ihrer bestimmten historischen Situation nach waren sie
in erster Linie Opfer. Nicht diese oder jene Komponente ihres kollektiven
jüdischen Selbstverständnisses machte sie zu solchen, auch nicht
ihre gemeinsame Geschichte als religiöse Entität (ein Faktor,
der übrigens vom säkularen Judentum von der Aufklärung an
bis hin zum staatlichen Zionismus ja gerade in Anspruch genommen wurde),
sondern ihre von außen, von der Warte des deutschen Antisemitismus
aus, oktroyierte Definition als »Juden«, d. h. ihre oppressive
Identifizierung als eine zu bekämpfende, letztendlich vernichtungswürdige
Kategorie.
Indem die zionistische Ideologie den Staat Israel als »entschiedene
Antwort des jüdischen Volkes auf die mörderischen Vorhaben des
nazistischen Feindes« bzw. - komplementär dazu - als Antwort,
die »sich für sechs Millionen Holocaust-Opfer zu spät vollzogen
hat«, begreift, gewinnt sie dem Holocaust eine ganz bestimmte Lehre
ab: die der Sicherheit. Indem sie aber diese eine »Lehre« -
staatlich-militärisch zunehmend verdinglichend - adoptiert, entzieht
sie sich der Erinnerung an die Erfahrung der Ohnmacht, der Opfer, der des
durch mörderische Unterdrückung und Vernichtung bewirkten Leidens.
Der (nach eigener Definition) jüdische Staat, der das Monopol über
das als nationale Praxis begriffene Andenken der Holocaust-Toten beansprucht,
ist auch der, der nämliches Andenken verrät. Nicht indem die
Gewalt des israelischen Staates dem der Nazis vergleichbar wäre, sondern
indem das Leid der Opfer zur Vorgeschichte einer Erlösung erklärt
würde, einem Zyklus von Gewalt und Gegengewalt [38] vollends untergeordnet,
hätte das nationalsozialistische Projekt tatsächlich gesiegt,
wäre das verhaßte »Jüdische« zerstört.
In diesem, freilich nur in diesem Sinne, liegt im Partikularen der jüdischen
Erfahrung die Universalität der Shoah begriffen. Denn insofern, wie
Max Horkheimer behauptete, »die Weigerung, Gewalt als Argument der
Wahrheit anzuerkennen«, in der Tat »einen durchgehenden Zug«
in der Geschichte des jüdischen Volkes bildet, und »aus dem
Leid, das ihm daraus entstand«, sich ein »Moment der Dauer
und Einheit« entwickelte; insofern die Untrennbarkeit von »Leid
und Hoffnung« auf das Prinzip permanenter Zukunftsausrichtung [39]
verweist, sich somit aber auch einer ethischen Matrix der Vergangenheit
verpflichtet weiß: der des mit der »Erinnerung an die eigenen
Toten« verknüpften Leidens der Juden; insofern das Leiden dem
Gedanken an die Toten eine sich als eigentümliche Identifikation erweisende
»unendliche Zartheit« verleiht (19),
stellt der Staat Israel nicht nur keine »entschiedene Antwort des
jüdischen Volkes auf die mörderischen Vorhaben des nazistischen
Feindes« dar, es mag darüber hinaus mehr als fraglich erscheinen,
ob er sie - die sechs Millionen Opfer - jemals wirklich erinnert hat.
Das will wohlverstanden sein: Ideologiekritisch untersuchte Momente,
wie der Ausruf des Schülers auf der Reise zu den Vernichtungslagern
oder die Reden des Staatspräsidenten, sind paradigmatisch. Für
sich betrachtet - mögen sie nun höher oder niedriger gewichtet
werden - sind sie von keinerlei gravierender Bedeutung. Sie gewinnen ihre
immense Relevanz nur daraus, daß sie die mentale Matrix einer gesamten
politischen Kultur widerspiegeln, somit also das Produkt eines bereits
Vorhandenen darstellen, gleichzeitig aber auch als Mechanismus seiner ideologischen
Verfestigung fungieren. So besehen stellt sich auch die Frage nach dem
(im Titel dieses Aufsatzes angesprochenen) Verhältnis von Historiographie
und Ideologie ein wenig anders, als sie gängigerweise anvisiert wird.
Zu fragen wäre nämlich nicht nur, ob und inwiefern die akademische,
halbakademische und populäre israelische Geschichtsschreibung der
Shoah sich den Tendenzen einer Teleologisierung auf den Zionismus hin verpflichtet
weiß (das scheint im großen ganzen nahezu selbstverständlich
zu sein), sondern eher, wie sich die kodifizierten Verkürzungen der
wissenschaftlich erarbeiteten Narration in der tagespolitischen Routine
niederschlagen. Daß dabei in den letzten Jahren die Geschichtsschreibung
selbst Momente der »Häresie« aufweist, korrespondiert
durchaus mit konjunkturellen Aufgewühltheiten, die im Feuilleton der
Tagespresse ihren explosiven Ausdruck finden. Bezeichnend dabei ist freilich,
wie sehr doch - bei allem sogenannten »post-zionistischen«
oder auch zionismuskritischen Diskurs, der die historiographische und soziologische
Landschaft Israels in den letzten Jahren durchdringt (20)
- die fast instinktive ideologische Reaktion auf solche um Aufklärung
bemühten »Häresien« reflexartig zum Vorschein kommt
(und zumeist auch sehr bald die Szene beherrscht). Jüngste Beispiele
hierfür waren die idiosynkratischen Entgegnungen israelischer Leser
auf die von Gulie Ne'eman Arad (21)
an Daniel Goldhagens Hitler's Willing Executioners: Ordinary Germans and
the Holocaust brillant geübte Kritik: Die Möglichkeit einer endgültigen
Fundierung deutscher [40] Kollektivschuld konnte man sich nun wahrhaft
nicht entgehen lassen. (22)
Oder nehmen wir die aggressiven Reaktionen auf ein von Idith Zertal anläßlich
der Erscheinung ihres wichtigen Buches From Catastrophe to Power (23)
gegebenes Interview. Die Hinterfragung der illegalen Einwanderung von Juden
nach Palästina, ein mittlerweile nahezu mythisch verklärter Bestandteil
des zionistischen Epos, konnte man sich nun ganz und gar nicht gefallen
lassen, vor allem deshalb nicht, weil dabei die von Instanzen des staatlichen
Zionismus betriebene Instrumentalisierung von Shoah-Überlebenden zu
heteronomen Zwecken thematisiert wurde. Es ist wohl auch kein Zufall, daß
die erregten Reaktionen des Publikums in beiden Fällen bereits eintrafen,
ehe man eine reale Möglichkeit hatte, sich der nun nicht gerade leichten
Lektüre besagter Bücher zu bemächtigen.
Das bedeutet nicht, daß es keine Veränderung gäbe.
Im Gegenteil: Seit Beginn der 80er Jahre ist das Interesse der israelischen
Öffentlichkeit am Holocaust ständig gestiegen, die Auseinandersetzung
mit ihm in Wissenschaft, Kunst und Publizistik hat sich zweifelsohne vervielfältigt.
Widersprüchliche Momente haben sich dabei vermischt: Zwar ist das
nie offiziell verhängte, aber dennoch über Jahrzehnte mehr oder
weniger strikt eingehaltene Verbot, Werke von Richard Strauß öffentlich
aufzuführen, nunmehr endgültig aufgehoben worden, und es scheint
nur eine Frage der Zeit zu sein, bis Gleiches auch dem Wagner-Verbot widerfährt;
dafür haben sich andere Manifestationsbereiche antideutschen Ressentiments
um so inbrünstiger erhalten - diese Zeilen werden in der Woche verfaßt,
in der es die deutsche Fußballnationalmannschaft geschafft hat, ins
Endspiel bei der Europameisterschaft zu gelangen. Es genügt, die Reaktionen
des israelischen Sportjournalismus auf diese Tatsache kurz durchzusehen,
um festzustellen, was alles noch an emotional Unverarbeitetem bzw. ideologisch
Verdinglichtem in der Halbwelt israelischer Kollektivgefühle herumgeistert.
Nicht von ungefähr meinte der Jerusalemer Historiker Moshe Zimmermann
in diesem Zusammenhang: »Eine rassistische israelische Regel postuliert,
der Deutschenhaß sei ein Denkmal.« (24)
Oder, um ein anderes Beispiel zu nennen: Zwar widersetzt sich das israelische
Gedenk-Establishment unerbittlich einer Universalisierung des Holocaust
dergestalt, daß es etwa zur »Anerkennung« des von den
Türken an den Armeniern verübten Völkermordes kommen könnte;
andererseits wird aber der zionistisch instrumentalisierte Monopolanspruch
auf das Andenken der Shoah sozusagen »von innen« unterminiert.
Vor einigen Jahren ertönte aus orthodox-religiösen Kreisen die
Forderung, man solle die »unzüchtigen« Bilder [41] nackter
- in den Tod getriebener! - Frauen von den Wänden des Yad-Vashem-Museums
abnehmen. Dieser Forderung wurde die Behauptung unterlegt, es wäre
ohnehin an der Zeit, eine alternative, nämlich orthodoxe, Shoah-Narration
und -Gedenkkultur dem staatlichen Zionismus entgegenzuhalten und zu etablieren.
Daß also Akzentverschiebungen im Ressentiment, etwa von der hohen
in die Populärkultur, bemerkbar werden, kann nicht in Abrede gestellt
werden. Auch nicht, daß die inneren Widersprüche der Holocaust-Instrumentalisierung
im Rahmen der allmählich einsetzenden Enttabuisierung des zionistischen
Diskurses (sowie infolge des seit den 80er Jahren stetig zunehmenden Eintretens
des orthodoxen jüdischen »Anderen« in Israels öffentliche
Sphäre) unweigerlich zutage gefördert werden. Ob dies allerdings
auch über besagte Formveränderung und Modifikation der Erscheinungen
hinausweist, ob also eine echte Umwälzung der ideologischen Fundamentalmatrix
der israelischen Holocaust-Erinnerung stattfindet, ob eine Umwälzung
im Sinne einer universal ausgerichteten und eben nicht partikularistisch
verengten, heteronom vereinnahmten Erinnerung möglich ist, ob endlich
an eine wahrhaft jüdische Tradition des Gedenkens der Opfer um ihrer
selbst willen (und eben nicht als Teil einer nachträglich mit Sinn
ausgestatteten »Opferhandlung«) angeknüpft werden könnte,
all dies muß vorerst - und wohl auch in absehbarer Zukunft - dahingestellt
bleiben. [42]
Anmerkungen
(1) Theodor W. Adorno, Negative Dialektik.
Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1982, S. 358.
(2) Theodor W. Adorno, »Erziehung
nach Auschwitz«, in: Th. W. Adorno, Erziehung zur Mündigkeit.
Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1971, S. 88.
(3) Adorno, Negative Dialektik,
S. 359.
(4) Dan Diner (Hg.), Zivilisationsbruch:
Denken nach Auschwitz. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch, 1988.
(5) Adorno, Negative Dialektik,
S. 355.
(6) Max Horkheimer, »Zur
Ergreifung Eichmanns (1960/1967)«, in: Max Horkheimer, Gesammelte
Schriften. Bd. 8. Frankfurt a. M.: S. Fischer, 1985, S. 156f.
(7) Vgl. hierzu: Moshe Zuckermann,
Shoah im abgedichteten Zimmer. Tel-Aviv: Eigenverlag, 1993, S.4ff. (im
Original hebräisch).
(8) Moshe Zuckermann, »Geschichte,
Angst und Ideologie«, in: Michael Werz (Hg.), Antisemitismus und
Gesellschaft: Zur Diskussion um Auschwitz, Kulturindustrie und Gewalt.
Frankfurt a. M.: Neue Kritik, 1995, S.141ff.
(9) Tom Segev, »Was
hast du heute in Treblinka gelernt?«, in: Ha'aretz, 2.11.1990, S.
B2 (im Original hebräisch).
(10) Shabtai Tevet, »Momentaufnahmen:
Rußland, Polen«, in: Ha'aretz, 31.8.1990, S. B4 (im Original
hebräisch).
(11) Vgl. hierzu: Moshe Zuckermann,
Shoah, passim.
(12) Nili Keren, »Shoah-Bewußtsein
und die Fahrten nach Polen«, in: Hed ha'Chinuch, September 1995,
S. 18 (im Original hebräisch).
(13) Roy Grünwald, »Weizman
im Bundestag: ›In Treblinka verbrannte ich, in Warschau probte ich den
Aufstand - und wanderte in Israel ein‹«, in: Ha'aretz, 17.1.1996,
S. A6 (im Original hebräisch).
(14) Roy Grünwald, »Weizman
zu Studenten in Deutschland: Die Juden hier repräsentieren nicht das
jüdische Volk«, in: Ha'aretz, 15.1.1996, S. A4 (im Original
hebräisch).
(15) Dan Margalit, »Meine
Herrschaften, die Geschichte wird sich wiederholen«, in: Ha'aretz,
18.1.1996, S. B1 (im Original hebräisch).
(16) Roy Grünwald, »Die
Robe des Präsidenten«, in: Ha'aretz, 22.1.96, S. B1 (im Original
hebräisch).
(17) Or Kashti, »Weizman
in der Yad-Vashem-Kundgebung: ›Wer denkt, jüdisches Blut sei Freiwild,
vergißt, daß, was war, nie wieder sein wird‹«, in: Ha'aretz,
16.4.1996, S. A7 (im Original hebräisch).
(18) Vgl. hierzu: Idith Zertal,
From Catastrophe to Power: Jewish Illegal Immigration to Palestine. Tel-Aviv:
Am Oved, 1996 (im Original hebräisch).
(19) Horkheimer, »Ergreifung
Eichmanns«, S. 158.
(20) Vgl. hierzu Uri Ram (Hg.),
Israeli Society: Critical Perspectives. Tel-Aviv: Brerot, 1993 (im Original
hebräisch).
(21) Gulie Ne'eman Arad, »Die
unerträgliche Vereinfachung der Interpretation«, in: Ha'aretz,
Buch-Magazin, 8.5.1996, S. 4f. (im Original hebräisch). - Vergl. auch
Gulie Ne'eman Arad, »Ein amerikanischer Alptraum: Zum kulturellen
Kontext von Daniel Goldhagens Hitler's Willing Executioners«, in:
Frankfurter Rundschau, Nr. 112, 14.5.1996, S. 16.
(22) Wie konträr, ja möglicherweise
reziprok sich der israelische und der deutsche Diskurs auch in dieser Frage
gegenüberstehen, ist an der geradezu hysterischen Reaktion auf die
Ankündigung von Goldhagens Buch in Deutschland abzulesen. Goldhagen
scheint von dort aus betrachtet in der Tat den wunden Punkt kollektiver,
nicht »Schuld«, sondern verdrängter und tabuisierter Identifikation
berührt zu haben.
(23) Vgl. Anm.18.
(24) Moshe Zimmermann, »Gott
ist rund«, in: Ha'aretz, Wochenmagazin, 28.6.1996, S. 8 (im Original
hebräisch).
Prof. Dr. Moshe Zuckermann
Shalom Ash Street 13
69483 Tel Aviv, Israel
veröffentlicht in: Werkblatt Nr. 38, 1/1997, S.23-43.
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