Nitzschke, B. (1996)
Wir und der Tod.
Essays über Sigmund Freuds Leben und Werk.
Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht)

 

zum Inhaltsverzeichnis

In Freud und bei Freud finden wir vieles: den bürgerlich-ordentlichen pater familias und den Rebellen gegen die väterliche Imago; den braven k. u. k.-Untertanen und den sexualpolitischen Freigeist; den Gesetzgeber und den Gesetzesbrecher; den gottlosen Juden und den mit Moses identifizierten Mann; den Homophilen und den Frauenfreund; den Arzt und den Menschenhasser; den "harten" Naturwissenschaftler und den "weichen" Hermeneutiker im Reich der Träume; den Verteidiger der Kultur und den Apologeten kulturfeindlicher Triebe. In Nitzschkes Essays schließen sich all diese Züge zu einem Freud-Portrait zusammen, das bewusst darauf verzichtet, eine glatte Oberfläche zu zeigen.
Hans-Martin Lohmann, Psyche

Nitzschkes Essays ... sind Kabinettstücke der Deutungskunst. Da argumentiert kein Analytiker, der auch schreibt, sondern ein psychoanalytischer Schriftsteller. Die Erzählung eines Kapitels aus Freuds Lebens-"Roman" – "Liebe, Tod und Trauer" – verbindet denkbar behutsame Literaturinterpretation mit biographischen Motiven zu schlackenloser Einheit. In diesem buchstäblich einleuchtenden Portrait gelingen dem immer glänzenden Stilisten Bernd Nitzschke Einsichten und Formulierungen von Rang. ... Das Komplizierte vermag Nitzschke einfach auszudrücken, und doch schwingen dabei stets jene Obertöne mit, die wissenschaftlicher Nüchternheit erst die Würde emotionalen Ernstes gibt. Mehr kann man von Prosa außerhalb des Poesiebezirks kaum verlangen.
Ulrich Weinzierl, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Nur zu gerne wird an den Beginn der ... Psychoanalyse die Urszene einer genialischen Kopfgeburt phantasiert, welchen ihren Begründer, Sigmund Freud, noch zu Lebzeiten in olympische Höhen entrückt. Das Motiv dieses Gedankenopfers ist natürlich bei aller Heiligenverehrung dasselbe.Was am geheiligten Gegenstand ausgestrichen wird, ist gerade das, was die Adoranten selbst gerne aus ihrem Bewusstsein streichen möchten: Verzweiflung, Irrtum, Scheitern, Tod - die ganze Palette menschlicher Widrigkeiten eben. Gegen dieses Vorurteil anzuschreiben hat sich Bernd Nitzschke zum Ziel seiner "Essays" über Sigmund Freud gemacht.
Neue Zürcher Zeitung

Portraitskizzen des bekannten Psychotherapeuten und Publizisten Bernd Nitzschke entwerfen aus der Persönlichkeit Freuds, seiner Biographie, seinem Werk, seiner "Bewegung", seinen Gegnern, Anhängern und Verwaltern ein Bild, das einen eigenständigen Platz hält zwischen Hagiographie und unangemessener Kritik.
ekz-Inforationsdienst

Ein Freud-Buch, liebevoll geschrieben, kritisch und kenntnisreich. Die Porträtskizzen, die Bernd Nitzschke in diesem Band entwirft, enthüllen überraschend neue Züge des Entdeckers der Psychoanalyse: Freud als Schüler, als Lehrer, als ein mit dem Mann Moses identifizierter Moralist und schließlich Freud als "Genie", das mehr als jeder andere Denker das Menschenbild des 20. Jahrhunderts geprägt hat, werden durch Nitzschkes detaillierte Studien greifbar und nacherlebbar. So werden Facetten der Persönlichkeit Freuds deutlich, die der offiziösen Freud-Biographik bisher kaum einen Blick wert waren - Gefühle von Einsamkeit und Isolation im Leben Freuds, seine Liebessehnsucht, aber auch seine lebenslang anhaltende Beschäftigung mit dem Tod. Und Nitzschke betrachtet auch die kleinen Verehrer des großen Mannes, jene, die mit ihrer Idolatrie mindestens ebenso den Nachruhm Freuds beschädigen wie es unsachliche Kritik versucht.
Büchereien Stadt Wien